Star Wars? Ja, aber ohne Kinder!

Wisst Ihr, was mir den Besuch des neuen Star Wars-Films versaut hat? Dass ein kleines Kind vor mir saß! Nein, dieses Kind war nicht laut. Es hat nicht gebrüllt, dazwischengequatscht oder sonstwas. Es rutschte einfach nur immer tiefer in seinen Sessel, war am Ende des Films tränenüberströmt und sagte leise: „I did not have a good time!“

Wie alt das Kind war? Ungefähr 6. Der Film ist aber ab 12 freigegeben. Was sich die Eltern dabei gedacht haben? Wahrscheinlich wollten sie dem Kind etwas Gutes tun. Weil das Kind doch ein T-Shirt mit einem Stormtrooper drauf hat, einen Schlafanzug mit Yoda, ein komplettes Lego-Set mit Raumschiffen und allem drum und dran. Klar, die Merchandising-Maschine läuft wie geschmiert. Und so sind locker schon Kindergartenkinder angefixt vom Krieg der Sterne.

lego-933006_640Aber genau der Name sagt ja schon, worum es geht: Um Krieg. Um Gut gegen Böse. Auch im neuesten Film sieht man Morde. Anders kann man es nicht sagen. Aus nächster Nähe. Und es sterben nicht nur gesichtslose Monster. Es gibt eine neue Übermacht, die gruselig aussieht. Und viel zu echt. Dazu noch perfekt eingesetzte Musik, die alles noch bedrohlicher macht.

Daher mein Appell: Liebe Eltern, lasst Eure Kinder zu Hause. Viele von ihnen glauben sogar noch an Weihnachtsmann und Nikolaus – und Ihr denkt, sie können abstrahieren, dass das da auf der Leinwand nur gespielt ist? Nein. Dafür ist Hollywood längst zu gut. Da fliegt kein UFO mehr an Schnüren durch die Gegend. Die Kinder werden davon träumen. Und zwar nichts schönes. Und anstatt Eure eigene Begeisterung für Star Wars an die nächste Generation weiterzugeben, werdet Ihr es ihnen vielleicht gehörig versauen.

Aber wisst Ihr, was außer dem Schutz der Kinder noch dagegen spricht, ihnen die Filme jetzt schon zu zeigen? Sie haben noch ein ganzes, hoffentlich langes Leben vor sich. Was sollen sie denn da noch entdecken, wenn Ihr ihnen schon mit 5 alles zeigt? Lasst sie die Erfahrung machen, mit 10 oder 11 sich in einen Film einzuschleichen, der erst ab 12 ist. Nehmt ihnen nicht die Freude, die Welt selber zu entdecken. Alles zu ihrer Zeit.

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Pippi Langstrumpf im Jahr 2014 – Ein Gastkommentar von Oliver Wunderlich

Mehrere Dutzend Kindertagesstätten schmücken sich heutzutage mit dem Namen Astrid Lindgrens. Eine Generation von Pippi-Langstrumpf-Kindern ist heute Mama und Papa und da passen die Romanfiguren der schwedischen Autorin und die scheinbar unbeschwerten Kinderwelten prima ins drollig bunte Gesamtbild.

Aber es gibt auch andere Töne. Mark Spärrle schrieb z.B. in seiner Zeit-Kolumne ‚Familienglück‘ mit Augenzwinkern: „Vorsicht vor Astrid Lindgren!“ Seine Tochter wurde nach dem intensiven Studium von Lotta in DVD-Form rebellisch und äußerte unerträgliche Verbalinjurien wie „Oberblöde Mama!“. Das ging natürlich sooo auch nicht, weswegen der Autor seinen verblendeten Nachwuchs ins Kinderzimmer schicken musste.

Aber können wir Astrid Lindgren überhaupt als pädagogisches Symbol missbrauchen? Das hätte ihr wahrscheinlich nicht gefallen. Pippi erschien im September 1945 (Genau hundert Jahre nach dem Struwelpeter!), zu einer Zeit also, als Pädagogik noch bedeutete, die Kinder möglichst schnell zu unauffälligen, nützlichen Mitgliedern der Gesellschaft zu formen. Noch galt es, den Trotz und den Willen des Kindes zu brechen. Schläge, Demütigungen, Strafen und Schimpfen waren die Mittel der Wahl. (Die ‚Schwarze Pädagogik‘) Nach dem riesigen Erfolg der Göre mit den roten Zöpfen schrieb z.B. die damalige Staatssekretärin Ewa Sällberg in der schwedischen Zeitschrift Husmodern: „Es ist recht ermüdend, dauernd von den Rechten der Kinder reden zu hören. Was Wunder, wenn sie selbstbewußt und schwierig werden bei all dieser Propaganda, die für diese ihre Rechte gemacht wird. Ihr gegenwärtig geliebtestes Buch – Bestseller also – handelt von einer jungen Dame, Pippi Langstrumpf, die immer macht, was ihr gerade einfällt. Sie ist nicht einmal in Freiheit erzogen, sie ist überhaupt nicht erzogen.“

Tatsächlich spielt Erziehung bei Pippi kaum eine Rolle. Sie ist das stärkste Mädchen der Welt, hat eine Truhe voller Gold und macht im buschstäblichen Sinn, was ihr gefällt. Sie ist aber auch mitfühlend, gerecht, nicht nachtragend und geduldig. Denn das muss sie mit den Erwachsenen in ihrer Welt auch sein. Diese wollen sie ständig erziehen und überzeugen, das ein Kind nicht so leben darf. Ab ins Kinderheim! Aber Pippi übersteht die Auseinandersetzungen mit der Tante Prusseliese, der Polizei und sogar mit Gaunern immer moralisch integer. „Großwerden? Nein, darum muß man sich wirklich nicht reißen“, sagt Pippi. „Große Menschen haben niemals etwas Lustiges. Sie haben nur einen Haufen langweilige Arbeit und komische Kleider und Hühneraugen und Kumminalsteuern.“

Sie ist der Prototyp des kompetenten Kindes. Kinder leben bei Astrid Lindgren in ihrer eigenen Welt, die durchaus kein Paradies ist – Pippi vermisst ihre verstorbene Mama und sehnt sich nach ihrem Papa, den Negerkönig – und haben das Recht, das man ihnen auf Augenhöhe begegnet und für voll nimmt. Das scheint mir die gesamte Pädagogik in Astrid Lindgrens Büchern zu sein. Und deshalb waren sie auch so erfolgreich, denn sie waren für die Kinder geschrieben, nicht für die Eltern und machten deswegen einfach einen Riesenspass!

„Freie und un-autoritäre Erziehung bedeutet nicht, dass man die Kinder sich selber überlässt, dass sie tun und lassen dürfen, was sie wollen. Es bedeutet nicht, dass sie ohne Normen aufwachsen sollen, was sie selber übrigens gar nicht wünschen. Verhaltensnormen brauchen wir alle, Kinder und Erwachsene, und durch das Beispiel ihrer Eltern lernen die Kinder mehr als durch irgendwelche anderen Methoden. Ganz gewiss sollen Kinder Achtung vor ihren Eltern haben, aber ganz gewiss sollen auch Eltern Achtung vor ihren Kindern haben, und niemals dürfen sie ihre natürliche Überlegenheit missbrauchen. Liebevolle Achtung voreinander, das möchte man allen Eltern und allen Kindern wünschen.“ Astrid Lindgren

In den Zeiten der ‚pädagogischen Kindheit‘ (Hartmut von Hentig): „…im Kinderzimmer angesiedelt, in Baby-Schwimmkurs, Kindergarten und mit musikalischer Früherziehung verplant, abhängig vom elterlichen Fahrdienst und kontrolliert von den Erwachsenen.“ sollte man vielleicht aufpassen, das sich nicht die alten Prä-Pippi-Ideale durch die Hintertür der Elternliebe wieder einschleichen.

Sicher ist Berlin, Kreuzberg nicht gerade Bullerbü. Und in München, Pullach gibt es den Fuchs-Bandwurm und die bösen Zecken. In Hamburg, Altona lauert der Kinderschänder und in Porz, Köln die Jugendgangs. In Seehausen, Leipzig bedrohen die Laster die Kindheit und in iPhone, Apple ist es YouPorn. Trotzdem sollten wir Lotta wieder aus der heilpädagogischen Tagestätte holen, Michel von der Förderschule nehmen und Karlson-vom-Dachs Termin bei der Kinder- und Jugendpsychiaterin stornieren. Denn, wenn man genau hinkuckt, ist es eigentlich Pippi, die uns Erwachsene erzieht. Und wir haben das auch bitter nötig. Pippi forever – to hell with Lillifee!

Links:

Astrid Lindgrens Rede zur Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1978

Vorsicht vor Astrid Lindgren!

Begriff der „Schwarzen Pädagogik:

Und zum selber Vergleichen auf YouTube:
Prinzessin Lillifee: Wo ist Pupsi?
und
Pippi und der Spunk

Woher kommt eigentlich das Wort „Kindergarten“?

Habt Ihr Euch auch schon Mal gefragt, woher das Wort Kindergarten kommt?

Sollen Kinder im Garten spielen? Werden Kinder im Kindergarten als Pflanzen betrachtet, gepflegt, gedüngt und gegossen?

Hier kommt die Erklärung!

1840 legte Friedrich Fröbel den Entwurf eines Plans zur Begründung und Ausführung eines allgemeinen deutschen Kindergartens vor. Was Fröbel mit dieser Wortneuschöpfung im Sinn hatte, umschrieb er so:

„Wie in einem Garten unter Gottes Schutz und unter der Sorgfalt erfahrener, einsichtiger Gärtner im Einklang mit der Natur, so sollen hier die edelsten Gewächse, Menschen, Kinder als Keime und Glieder der Menschheit, in Übereinstimmung mit sich, mit Gott und der Natur erzogen werden.“

Friedrich Fröbel (1782-1852) erarbeitete mit dem Kindergarten ein Konzept zur frühkindlichen Erziehung. Er ging davon aus, dass die Erziehung im Elternhaus nicht ausreichte. Möglichst früh sollten Kinder in der Gemeinschaft Gleichaltriger ihre Erfahrungen sammeln und ihre Umwelt erforschen.

Das Wort Kindergarten zählt zu den sogenannten Germanismen; das sind deutsche Wörter, die in eine andere Sprache übernommen wurden. Etwa 10 Jahre nach Fröbels Ausführungen wurde das Wort nach England exportiert.

Mehr zu Friedrich Fröbel gibts hier zu lesen: www.froebelweb.de
Zum Thema eine Podcast-Folge der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe: www.zim.ph-karlsruhe.de

Klumpfüße: Was hat der denn da?

Diesmal mit einem Gastbeitrag von unserer Hörerin Viktoria

KlumpfüßeAls ich Anfang 2012 schwanger wurde, war das erstmal eine etwas bange Zeit. Ich hatte mein erstes Kind 2011 in der achten Woche verloren und dann bangt man natürlich umso mehr. Aber es war eine tolle Schwangerschaft und ich hab sie wirklich total genossen. Im November kam dann unser Sohn auf die Welt. Mir wurde schon beim zweiten Ultraschall gesagt, dass das Kind wohl ziemlich groß ist. Und so war es dann auch. Ein strammes Kerlchen mit 4530g und 53cm und einem Kopfumfang von 38cm (und nein, ich habe ihn nicht natürlich entbunden!). Als ich vom Kaiserschnitt wieder in den Kreißsaal gebracht wurde, wartete schon mein Mann mit unserem Baby. Die Hebamme legte ihn mir auf die Brust mit den Worten „Er ist soweit gesund, nur seine Füße sind nicht ganz in Ordnung.“ Aber das hab ich in dem Moment gar nicht so richtig realisiert.

Am nächsten Tag hat mir dann mein Mann erklärt, dass mit den Füßen vom Kleinen was nicht stimmt. Wahrscheinlich Sichelfüße. Gesehen hab ich es dann erst nochmal einen Tag später. Und bin natürlich erstmal in Tränen ausgebrochen. Klar, Hormonchaos nach der Geburt und dann ist das Kind halt nicht 100%ig gesund… Die Kinderärztin im Krankenhaus machte uns aber Mut und meinte, es sei nicht so schlimm. Er bräuchte ein paar speziell angelegte Gipse und dann sei das in 6 Monaten wieder gut. Sie hat uns auch gleich einen Termin in der Kinderorthopädie gemacht.

Diagnose: Leider keine Sichelfüße – ausgeprägte Klumpfüße!

Da saßen wir dann auch eine Woche später. Beide mit den Nerven am Ende und gespannt, was uns denn gesagt werden würde. Der Kleine wurde nochmal genau untersucht und dann stand fest: (leider) keine Sichelfüße, sondern sehr ausgeprägte Klumpfüße. Für uns brach erstmal eine Welt zusammen. Denn (wie man das heute eben so macht) hatten wir natürlich fleißig gegoogelt und wussten, dass die Behandlung von Klumpfüßen wesentlich aufwendiger und langwieriger ist. Der kleine Mann bekam dann auch sofort die ersten Gipse: Beide Beine komplett von den Zehen bis zum Oberschenkel in Gips.

Zuhause haben wir uns dann erstmal weiter informiert. Und sind dabei auf eine Behandlungsmethode gestoßen, die ohne große Operation auskommt (Ponseti-Methode). Uns war schnell klar, dass das genau die Methode zu sein schien, nach der wir die Behandlung fortsetzen wollten. Man muss wissen, dass früher bei Klumpfüßen der komplette Fuß aufgeschnitten wurde und dann die falsch stehenden Knochen und Sehnen korrigiert wurden. Beim zweiten Termin in der Kinderorthopädie hat sich leider herausgestellt, dass das Team dort nicht diese Methode verwendet. Also mussten wir nach dem zweiten Gips einen neuen Arzt suchen. Diese Suche hat uns zu Prof. Hamel am Stachus in München geführt. Er ist einer der führenden Orthopäden auf dem Gebiet der Klumpfußbehandlung.

KlumpfüßeWie ging es weiter? Unser Sohn bekam jede Woche neue Gipse, die jedes Mal ein wenig mehr nach außen gedreht wurden. Vor allem das Anlegen der Gipse war jedes Mal eine Tortour, weil ein Baby eigentlich keine Lust hat so lange still zu liegen und sich dann auch noch was an die Beine „kleben“ zu lassen. Aber da er sich sonst überhaupt nicht von den Dingern stören liess, haben wir den einen Termin in der Woche immer ganz gut überstanden. Das ging dann so bis Mitte Januar. Dann wurden die Achillessehnen durchtrennt. Das kann man bei so ganz Kleinen noch unter örtlicher Betäubung durch die Haut machen, weil die Sehne nur so dick wie ein Bindfaden ist. Danach bekam er die letzten Gipse (für drei Wochen).

Mitte Februar bekam er dann eine spezielle Schiene (Alfa-Flex-Schiene), die die Füße weiter in der Außenrotation halten soll. Diese musste er für weitere drei Monate 23 Stunden am Tag tragen. Auch hier hatte er Gott sei Dank überhaupt keine Probleme. Wir haben bis heute keine Schwierigkeiten, ihm die Schiene anzulegen und er macht mit der Schiene alles, was er auch ohne macht. In der Zwischenzeit sind wir zurück in unsere Heimat zwischen Stuttgart und Heilbronn gezogen und sind im Stuttgarter Kinderkrankenhaus bei Dr. Eberhard in Behandlung. Auch er ist ein großartiger Arzt, den man wirklich nur weiterempfehlen kann.

KlumpfüßeSeit dem Muttertag 2013 (was für ein tolles Datum) muss er die Schiene nur noch zum schlafen tragen (12-14 Stunden pro Tag). Und was soll ich sagen? In der Zwischenzeit denke ich mir, ich bin froh, dass er „nur“ das mit den Füßen hat. Es gibt so viel schlimmere Sachen, die ein Kind haben kann. Aber es gibt auch immer wieder Momente, in denen ich mir einfach wünsche, er hätte das nicht. In einem Monat wird er ein Jahr alt. Und ich frage mich, wo das Jahr nur geblieben ist. Vor ein paar Tagen hat er den ersten Schritt freihändig gemacht. Und ich ein paar Tränchen im Auge gehabt. Einfach, weil ich am Anfang nie gedacht hätte, dass er sich so normal entwickeln würde.

Um auf den Titel meiner Geschichte zurück zu kommen: Diese Frage habe ich im ersten halben Jahr so oft gehört, dass ich einen riesen Respekt für alle Eltern entwickelt habe, die nicht nur temporär mit dieser Frage zu kämpfen haben.

Hilfreiche Links:
http://www.ponseti-fuesse.de/ (Die haben wirklich alle Infos, die man so braucht)
http://www.orthopaediepraxen.de  /default.aspx?page=Prof.%20Dr.%20med.%20Johannes%20Hamel (unser Prof in München)
http://www.klinikum-stuttgart.de/kliniken-institute-zentren/kliniken/oh/orthopaedische-klinik/team/aerzteteam.html (Dr. Eberhard, unser Orthopäde hier in Stuttgart)